Unsere – auf dem Internet begründete Welt – bedeutet eine immer größer werdende Gefahr; zumindest was die menschlichen Kontakte anbelangt. Dank der Möglichkeiten, die uns das Internet einräumt, sind wir in der Lage innerhalb einiger Sekunden mit jedem in Kontakt zu treten – sei es mit unserem Nachbarn oder einem Menschen am anderen Ende der Welt. Auch mit unseren Bekannten unterhalten wir uns lieber online. Das passiert manchmal sogar während der Arbeit und daraus folgt, dass wir uns – weil wir ziemlich beschäftigt sind – noch seltener treffen.
An einem Ort auf unseren Planeten – in Japan – führen die Isolation und die abnehmenden persönlichen Kontakte zu sozialen Problemen: Die einzelnen Menschen ziehen sich zurück, vereinsamen und sind nur mit sich selbst beschäftigt. Diese Krankheit heißt auf Japanisch Hikikomori und bedeutet soviel wie von der Gesellschaft zurückgezogen lebender Stubenhocker.
Der Welt den Rücken gekehrt
Bei der Herausbildung dieser Krankheit spielt die starke Isolation die Hauptrolle. Die Bewohner des Inselstaates sind bekannt für ihre exakte Lebensführung. Es gibt keine sogenannten überflüssigen „Leerläufe”, alles verläuft nach Plan. Sie wenden ungeheuer viel Energie für ihren Job auf und haben deshalb wenig Zeit füreinander, insbesondere für ihre Familie. Von Hikikomori sind vorwiegend Kinder betroffen, weil sich ihre Eltern nicht ausreichend mit ihnen beschäftigen. Es gibt kein Familienleben im europäischen Sinne, Eltern und Kinder haben sich voneinander entfremdet. Die Isolation führt dazu, dass bei den jungen Menschen das Gefühl aufkommt, verlassen zu sein, aufgrund dessen sie sich zurückziehen und von der Umwelt abkapseln.
Die Meisten ziehen sich in ihr Zimmer zurück und leben ihr Leben ohne mit den anderen Individuen der Gesellschaft in Kontakt zu treten. Sie hören auf, miteinander persönlich kommunizieren und pflegen keine gesellschaftlichen Kontakte. Diese werden durch Fernsehen, Computerspiele und „Online-Kontakte” ersetzt. Sie verbringen den Tag mit Schlafen und sind vor allem nachtaktiv. Wenn sie einen Job haben, dann entscheiden sie sich eher für eine nächtliche Tätigkeit. Es gibt aber auch welche, die sich von Sozialhilfe oder anderen Geldern über Wasser halten.
Antisoziales und aggressives Verhalten
Die totale Zurückgezogenheit führt zu einer ständigen oder zumindest lang andauernden Einsamkeit. Dadurch, dass der Betroffene der Welt den Rücken kehrt, verliert er die Kontaktfähigkeit mit seiner Umwelt: Es wird ihm nicht oder kaum gelingen, sich erneut in die Gesellschaft zu integrieren und er wird unsicher beim Aufbau von gesellschaftlichen Kontakten sein. Er zeigt ein völlig antisoziales Verhalten. Außerdem besteht die Gefahr der Ausprägung eines aggressiven Verhaltens, da sich diese Person aufgrund ihres Rückzugs frustriert fühlt. Es ist bereits vorgekommen, dass ein Hikikomori seine eigenen Eltern angegriffen hat.