Bis heute sind sowohl der Zeitraum der „verlorenen Jahre” als auch die Frage umstritten, wann das Werk von Jesus – genauer gesagt seine Hinterlassenschaft und Wirkung – im Fernen Osten zuerst Spuren hinterließ. Es ist wahr, dass wir über das Leben von Jesu zwischen seinem sechsten und dreißigsten Lebensjahr (im Alter von 30 Jahren wurde er traditionsgemäß getauft) kaum etwas aus der Bibel erfahren. Die Hinweise aus der Zeit Christi, die wir in anderen Weltreligionen finden können, stammen nachweislich zum Großteil aus dem 3. bis 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung und können eher als Folge als eine Feststellung von Tatsachen betrachtet werden. Nachfolgend stellen wir zwei Versionen dieser Berichte vor.
Am bekanntesten ist die These, dass der Meister das nördliche Indien und das Gebiet des heutigen Tibet besucht hat. Erstmals Ende des 19. Jahrhunderts (in 1894) kam das Gerücht auf, als es dem russischen Historiker Nikolaj Notowitsch (einige bezeichneten ihn als „einfachen” Journalisten) nach mehrere Jahren andauernden unermüdlichen Versuchen endlich gelang, sein Buch Das unbekannte Leben Jesu herauszugeben. Wir erfahren daraus, dass Notowitsch nach Ladakh und Tibet gereist ist, wo er von den Lamas (bzw. aus den tibetischen Schriften) erfahren hat, dass auch Jesus diese Orte aufgesucht hat. Hier kannte man ihn unter dem Namen Issa oder Ísa. In jungen Jahren (im Alter von etwa 13 bis 15 Jahren) verließ er sein Elternhaus, schloss sich einer Karawane an und kam bis zum Indus. Hier widmete er sich den Studien der Lehren der Arier. Später pilgerte er bis zum Golf von Bengalen, wo er im Tempel von Puri Jagganath seine Zeit mit dem Studium der Veda verbrachte. Die hier lebenden Priester weihten ihn auch in die Kunst der Heilung ein. Fast sechs Jahre danach treffen wir ihn schon im Himalaja an, wo er sich mit den buddhistischen Lehren vertraut macht. Laut Notowitsch ist Issa bzw. Jesus in Wirklichkeit der Sohn bzw. die Reinkarnation des historischen Buddhas. Von hier kehrte er in seine Heimat zurück, um das Gelernte seiner Mitwelt zu vermitteln.
Die andere These besagt, dass er bis zu seinem 30. Lebensjahr mit seiner Familie in Ägypten lebte und das nicht einmal verlassen hat. Hier beschäftigte er sich mit dem Studium alter Religionen und Wissenschaften. Er interessierte sich sowohl für die Smaragdtafel von Hermes Trismegistos sowie für die Rituale und Aufzeichnungen in Verbindung mit dem Gott Thot. Er machte den Sonnenkult zur Staatsreligion der Monotheisten. Die damit verbundenen Einführungsrituale spiegeln sich tatsächlich in den urchristlichen Traditionen wider. Über die Heilung wussten die Ägypter anscheinend am besten Bescheid.
Wer weiß, was die Wahrheit über die „verlorenen Jahre” ist? Es kann jedoch mit Sicherheit gesagt werden; dass die „Quintessenz” der Lehren der alten Religionen als eine Art Samenkorn auf fruchtbaren Boden fiel und wenn auch die größte Weltreligion heute oftmals widersprüchlich ist, hat sie sich zu einem starken Stamm entwickelt, der Milliarden von Anhängern zu den seinen zählt.