Der Begriff Heiliger Krieger kann irreführend sein, denn im Gegensatz zu Schlachten und Gewalt engagiert er sich für Ruhe und Frieden. Der Heilige Krieger oder derjenige, der auf der Suche nach Gerechtigkeit ist, kann seinen Weg nicht allein gehen. Er braucht einen Lehrmeister – nach der Sambhala-Tradition einen Meister-Krieger – der ihm dabei hilft, den dornenreichen Pfad, der ihn zum Krieger macht, zu begehen.
Die vorrangige Pflicht des Kriegers ist, die Welt zu verbessern. Die Sambhala-Tradition besagt, dass es eine althergebrachte (menschliche) Weisheit gibt, die in der Lage ist, die Welt zu verbessern. Das Gute zu finden und zu erreichen, erfordert eine reine Seele und einen reinen Geist, der dazu in der Lage ist, der Gerechtigkeit ohne Angst ins Auge zu sehen. Hinter der Bezeichnung Krieger verbirgt sich also in Wirklichkeit Entschlossenheit und Mut (die ursprünglich vom tibetischen Ausdruck dpa’-bo stammt, was soviel bedeutet wie: „mutig sein”).
Die wichtigste Erwartung, die wir an das Krieger-Dasein stellen, ist, dass wir in der Lage sind, auf all das zu verzichten, was dem Endziel, also die ewige Wahrheit zu finden, im Wege steht. Im Gegensatz zum Asketismus müssen wir uns nicht aller irdischen Güter entledigen, jedoch erkennen, welche überflüssigen Lasten wir mit uns herumtragen, die uns auf unserem Weg behindern und uns deshalb immer bemühen, den goldenen Mittelweg zu finden.
Wir sollten nur soviel behalten, wie viel wir gerade benötigen (das bezieht sich sowohl auf Nahrung als auch auf Geld und andere materielle Güter). Wir sollten gleichzeitig sowohl den anderen akzeptieren und sanftmütig, als auch gottergeben und fest entschlossen sein! Unser Selbstvertrauen sollte keinen einzigen Augenblick ins Wanken geraten! Wir müssen wissen, wo unser Platz in der Welt ist, unsere Wurzeln kennen, und uns darüber im Klaren sein, wo wir hingehören. Kurz gesagt: Wir müssen uns selbst und unsere Mitmenschen lieben!
Die vorrangige Aufgabe des Kriegers ist also, erst einmal mit sich selbst, mit seinem eigenen Leben im Reinen zu sein und sowohl in seiner Seele als auch in seinem Umfeld Harmonie herzustellen. Im umgekehrten Fall würde er in der Welt das Durcheinander und Chaos nur noch vergrößern. Der Krieger muss dazu in der Lage sein, an Ort und Stelle die Dinge anzupacken. Liebe und Gutheit macht keinen Unterschied zwischen Herkunft, Hautfarbe oder Glauben. Wir verstehen das Gute im allgemeinen und universalen Sinne; der Weg dahin ist steinig und führt manchmal in eine Sackgasse. Tausende Sagen und Volksmärchen aus fast allen Kulturräumen erzählen darüber. Meist siegt das Gute, es kommt aber auch vor, dass die bösen und dunklen Kräfte Oberhand gewinnen. Es handelt sich um zwei unentbehrliche Gegensätze, die die Welt fortwährend in Bewegung halten und letzten Endes der Entwicklung des Menschenverstandes dienen (oftmals auch auf großen Umwegen). Der Weg des Heiligen Kriegers ist unser aller Weg – unabhängig davon, zu welchem Glauben wir uns bekennen und welchem Volke wir angehören!